Einleitung

Spricht Ihr Kind in bestimmten Situationen nicht oder verweigert es das Sprechen mit fremden Personen, obwohl es zu Hause gut sprechen kann? Haben Sie den Eindruck, dass dieses Schweigen mehr ist als Schüchternheit? Machen Sie sich darüber Sorgen und/oder wurden Sie von den pädagogischen Fachkräften in der Kindertagesstätte oder der Schule angesprochen, weil Ihr Kind dort (fast) gar nicht spricht? Dann könnte es sich um das „Nicht-Sprechen unter bestimmten Bedingungen“, um den selektiven Mutismus handeln.

Selektiver Mutismus ist ein wiederkehrendes Schweigen, in immer gleichen, genau definierten Situationen. Es dauert länger als vier Wochen und kann sowohl im Kindergarten- als auch im Schulalter auftreten.


Typische Merkmale

  • das Kind spricht in bestimmten Situationen nicht, z. B. in der Kita oder auf dem Spielplatz
  • auf Fragen und Aufforderungen reagiert es gar nicht oder ausweichend (vermeidet Blickkontakt, versteckt sich, verkrampft)
  • das Sprachverständnis des Kindes ist jedoch gut
  • zu Hause und mit vertrauten Personen spricht es, teilweise auch sehr viel (Nachholbedarf)

Ursachen

Es gibt keine bestimmte Ursache für das „Schweigen“. Meist wirken verschiedene Faktoren zusammen. Oftmals machen sich Eltern Vorwürfe und fühlen sich verantwortlich für das Schweigen ihres Kindes. Doch Eltern und auch andere Bezugspersonen haben keine Schuld an der Entstehung des selektiven Mutismus. Der Grund für das Schweigen liegt nicht in der Erziehung. Die Hauptursache für selektiven Mutismus liegt in einer genetischen Veranlagung.

Auch für Kinder mit Migrationshintergrund, für Kinder mit Sprachproblemen oder schüchterne Kinder besteht ein höheres Risiko für selektiven Mutismus.

Häufig tritt selektiver Mutismus erstmalig nach einer Veränderung der Lebensumstände wie Kitawechel oder Umzug oder einem einschneidenden Lebensereignis wie Krankenhausaufenthalt oder Scheidung der Eltern auf.


Wie können Sie ihr Kind unterstützen?

Es ist wichtig, das Verhalten des Kindes zu verstehen und einordnen zu können. Ihr Kind verhält sich nicht „bockig“ und schweigt auch nicht freiwillig. Aus diesem Grund unterstützen Sie es am besten, indem Sie Verständnis für seine Situation zeigen und Druck vermeiden. Bestätigen Sie jeden seiner Fortschritte und versuchen Sie nicht, es es zum Sprechen zu „zwingen“. Schweigt ihr Kind länger als vier bis acht Wochen, dann sprechen Sie bitte mit der*dem Kinderärztin*in. Diese*r kann sie am besten beraten, ob und wo ihr Kind untersucht werden kann und Ihnen ggf. ein Rezept über eine Therapie ausstellen.


Möglichkeiten der Diagnostik und Therapie

Selektiver Mutismus unterscheidet sich von normaler Schüchternheit und anderen Entwicklungsbeeinträchtigungen und lässt sich im Rahmen einer Diagnostik gut davon abgrenzen. Eine Untersuchung umfasst in der Regel eine genaue Betrachtung der Sprachlichen, emotionalen und allgemeinen Entwicklung Ihres Kindes.

Eine Therapie wird meistens von Sprachtherapeut*innen (u. a. Logopäd*innen, Sprachheilpädagog*innen) durchgeführt. Die Kosten übernimmt die Krankenkasse.

Selektiver Mutismus ist gut therapierbar, benötigt jedoch Zeit und Vertrauen. Wichtig ist, dass eine Therapie mit einem ausführlichen Elterngespräch beginnt und von Anfang an eine enge Zusammenarbeit zwischen Eltern, Erzieher*innen/Lehrer*innen und evtl. Psychotherapeut*innen angestrebt wird.


Angebote am ZEL

Wir beraten Sie gerne bei Verdacht auf selektiven Mutismus und bieten Ihnen an, Diagnostik, Beratung und Therapie bei uns im Haus durchzuführen. Alternativ unterstützen wir Sie bei der Suche nach geeigneten Therapeut*innen in Ihrer Nähe.

Für pädagogische Fachkräfte bieten wir Fortbildungen zum Umgang zu selektivem Mutismus in Krippe und Kindergarten sowie im Schulalter an. Nähere Informationen zu Inhalten und Terminen finden Sie in unserem Shop.


Weitere Informationen

Eine ausführlichere Darstellung des Phänomens bietet unsere Broschüre „Selektiver Mutismus“. Der gemeinnützige Verein StilLeben e. V. bietet viele Informationen in verschiedenen Sprachen sowie eine Suche für Therapeut*innen in Ihrer Umgebung.